Stück von Thomas B. Hoffmann
Schlosstheater Celle
Regie: Benjamin Westhoff
Ausstattung: Jörg Brombacher
Mit: Eric Stehfest
Sebastian ist erst fünfzehn Jahre. Trotzdem ist für ihn alles zu Ende: der Tag, das Geld, das Leben. Er steht auf dem Bahnsteig und wird vor den einfahrenden Zug springen. Im Bruchteil einer Sekunde zieht noch einmal sein Leben an ihm vorüber. Seine Erinnerung setzt ein bei der Beerdigung des Lieblingsonkels. Der freiheitsliebende Eigenbrötler war das schwarze Schaf in der „ganz normalen“ Familie. Doch für Sebastian war er der einzige Lichtblick. Denn daheim hat er zwar ein eigenes Zimmer, Spielzeug, Urlaub, aber nicht viel zu lachen. Schläge sind an der Tagesordnung. Ihre willkürliche Gewalt rechtfertigen die Eltern mühelos vor sich selbst und Sebastian als Erziehung. Mit Schuh oder Faust, Stock oder Gürtel – selbst nachts, aus dem Schlaf geholt: Sebastian weiß nie, wie und wo ihn der nächste Schlag trifft. Soeben noch ganz normale Erwachsene mit Freunden und Kollegen, mutieren die Eltern für ihn blitzschnell zu unberechenbaren Monstern. Die Fassade der heilen Familie bleibt nach außen intakt. Wenn er davon erzählen würde – keiner würde ihm glauben. Aber irgendwie muss er durchkommen. Sebastian legt sich geschickt Überlebensstrategien zurecht. Mit gebrochenem Arm ins Krankenhaus eingeliefert, erfindet er eine abenteuerliche Geschichte, um den Vater nicht zu belasten. In der Schule macht er sich selbst vom Opfer zum Täter, tritt, statt sich weiter treten zu lassen. Allein mit seiner Angst und seinem Selbsthass, weiß er nicht, wie er diese Mechanismen durchbrechen kann. Er läuft weg, kehrt nach sechs Wochen nochmals zurück, sucht die Konfrontation mit seinem Vater und springt vor den Zug. Doch es kommt anders. Sebastian ist nicht tot, sondern er fängt ein neues Leben an. Er weiß jetzt: Er hat sein Leben selbst in der Hand. Es kommt darauf an, was er daraus macht.
Fotogalerie: HeimWeh, Stück im Ablauf
Cellesche Zeitung – Theaterstück heimWEH mit Fragezeichen